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el-zet

(Mitglied)

D.h. hier haben nicht neue Ergebnisse zu einer Neueinschätzung geführt, sondern das hätte von Anfang nicht so sein dürfen?
01.07.21, 11:47:04

Altsax

(Mitglied)

Zitat von el-zet:
D.h. hier haben nicht neue Ergebnisse zu einer Neueinschätzung geführt, sondern das hätte von Anfang nicht so sein dürfen?


Genau das ist meine Überzeugung!

Bei dem Altenburger Posthornstempel handelt es sich um ein Nimbusstück. Solange nur dieser eine Abschlag auf einer offenkundig ergänzten Marke mit entsprechenden Nachmalungen vorlag, war diese Entwertung weder von der Verwendung her noch von der Gestaltung zu beurteilen.

Daraus eine katalogisierungswürdige Seltenheit und ein Handbuchstück zu machen, war völlig unangebracht.
01.07.21, 12:34:56

Spica

(Mitglied)

Wenn der restliche Abschlag auf dem Dreier authentisch ist, dürfte es doch auch einen Unterschied zwischen der Abstempelung und den "nach"gemalten Stempelteilen geben. Anhand der könnte man schon zu einem zufriedenstellenderen, wenngleich nicht notwendigerweise stichfesteren, Ergebnis kommen. Hier im Forum wurde ja schonmal über die Phrase "Echtheitsmerkmale reichen nicht aus" diskutiert, die würde ich in dem Fall passend finden.

Wenn dann eine weitere reparierte Marke auftaucht kann man sich auch bei der auf die Bereiche stützen die nicht oder wenigstens nicht signifikant repariert, lies verändert, wurden. Dafür müsste die Information über nicht belastbare Markenbereiche natürlich irgendwo anders als "nur" im Gedächtnis des Prüfers vermerkt werden. Außerdem wäre problematisch wenn auch bei der neuen Marke der gleiche Stempelteil überarbeitet wurde.

Für die Beurteilung ob die Marke postalisch oder nur gefällig entwertet wurde hilft das aber nichts. Dennoch finde Ich es nicht ganz unverhältnismäßig solche Abschläge mit ´Anfangsverdacht der Echtheit´ irgendwo zu publizieren. Ein Handbuch, welches das Sammelgebiet, oder seinen Teil daraus, möglichst vollumfänglich abbilden will, wäre da schon passend. Ein Beitrag im Organ der ArGe aber wohl auch ausreichend.
Kurz, alles was öffentlicher ist als die Kartei des jeweiligen Prüfers, hilft bislang unbekannte Belegstücke ans Licht und zu den Prüfern zu bringen. Die Alternative wäre, dass der Literatur unbekannte Objekte als vermutlich nicht prüfbar in der Kiste bleiben oder im tragischsten Fall vorschnell als Fantasie/Fälschung aussortiert und beseitigt werden - Bis mal ein Sammler sein Glück probiert.
01.07.21, 16:06:13

Altsax

(Mitglied)

Zitat von Spica:
Dennoch finde Ich es nicht ganz unverhältnismäßig solche Abschläge mit ´Anfangsverdacht der Echtheit´ irgendwo zu publizieren.


Die Formulierung "Anfangsverdacht der Echtheit" trifft genau den Kern des Problems.

Selbstverständlich sollte man derartige Abbildungen veröffentlichen, aber eben nicht ohne eine Erläuterung dazu, was man über sie weiß (hier die Nachmalung) und was nicht (hier Herkunft und regulärer Verwendungszweck).

Jede Veröffentlichung ist prinzipiell geeignet, unbekannte Sachverhalte aufzuhellen.

Wenn aber ein anerkannter Experte ein solches Stück als "Seltenheit" vorstellt, darf man sich nicht wundern, wenn es Aufnahme in ein Handbuch findet.

Was aus einer solchen "Prüfhistorie" nebst "Nennung in der maßgeblichen Literatur" werden kann, illustriert dieses Beispiel hinreichend.
01.07.21, 16:23:12

Oberlausi

(Mitglied)

Zitat von Altsax:
Zitat von Spica:
Dennoch finde Ich es nicht ganz unverhältnismäßig solche Abschläge mit ´Anfangsverdacht der Echtheit´ irgendwo zu publizieren.


Die Formulierung "Anfangsverdacht der Echtheit" trifft genau den Kern des Problems.

Selbstverständlich sollte man derartige Abbildungen veröffentlichen, aber eben nicht ohne eine Erläuterung dazu, was man über sie weiß (hier die Nachmalung) und was nicht (hier Herkunft und regulärer Verwendungszweck).

Jede Veröffentlichung ist prinzipiell geeignet, unbekannte Sachverhalte aufzuhellen.

Wenn aber ein anerkannter Experte ein solches Stück als "Seltenheit" vorstellt, darf man sich nicht wundern, wenn es Aufnahme in ein Handbuch findet.

Was aus einer solchen "Prüfhistorie" nebst "Nennung in der maßgeblichen Literatur" werden kann, illustriert dieses Beispiel hinreichend.


Hallo Altsax,

gehe ich richtig in der Annahme, das nur eine überschaubare Anzahl von Stempelabschlägen betroffen ist?

Zu den einführenden Worten, wie prüft ein Prüfer die Zeitgerechte Verwendung der Abschläge hoher Nummern auf der FA Ausgabe? Diese wurde ja allesamt bei den letzten Auktionen hoch 3 Stellig oder 4 Stellig zugeschlagen. Die Stempelgeräte waren in der Dresdner Poststube zugänglich, und ob diese nach der Auslagerung in der Nachkriegszeit alle verschwunden sind oder noch in fremden Händen, wer weis?

Viele Grüße aus der Oberlausitz

oberlausi
02.07.21, 12:34:59

Altsax

(Mitglied)

Hallo Oberlausi,

Zitat von Oberlausi:
gehe ich richtig in der Annahme, das nur eine überschaubare Anzahl von Stempelabschlägen betroffen ist?


Wie viele Stempel "betroffen" sind, hängt davon ab, wie hoch man die Anforderungen an den Beleg für eine Verwendung im regulären Postbetrieb ansetzt. Genau darum geht es ja beim Thema des "Referenzstückes". U.U. muß eine Fülle von Indizien zusammengetragen werden, bis man zu einem begründeten Ergebnis kommt.

Zitat von Oberlausi:
Zu den einführenden Worten, wie prüft ein Prüfer die Zeitgerechte Verwendung der Abschläge hoher Nummern auf der FA Ausgabe? Diese wurde ja allesamt bei den letzten Auktionen hoch 3 Stellig oder 4 Stellig zugeschlagen. Die Stempelgeräte waren in der Dresdner Poststube zugänglich, und ob diese nach der Auslagerung in der Nachkriegszeit alle verschwunden sind oder noch in fremden Händen, wer weis?


Die Prüfung auf "zeitgerechte Verwendung" ist eine ganz andere Frage. Wenn Stempelgeräte, wie im Falle der sächsischen Nummerngitterstempel, bis weit über den regulären Verwendungszeitraum hinaus aufbewahrt worden sind, können Abnutzungsspuren und Stempelfarbe Hinweise auf nicht zeitgerechte Verwendung geben. Ob das in jedem Falle zu belastbaren Ergebnissen führt...?

Beste Grüße

Altsax
02.07.21, 13:45:47

Mitglied gelöscht

(Mitglied)

Ich bin sehr dankbar für diese - aus meiner Sicht - überfällige - Diskussion. Ich hoffe, dass hierdurch auch das Bewusstsein dafür geschärft wird, dass alle Erkenntnisse jederzeit hinterfragt werden können und auch sollen. Andernfalls wäre die Erde heute noch eine Scheibe :-).

Die Geschichte der Fälschungen dürfte lang sein. Die Motive dafür sind vielfältig und nicht immer boshaft oder eigennützig.

Wenn der Glaube an die "Richtigkeit" einer Aussage mehr Gewicht erhält, als der Beweis der Richtigkeit oder Unrichtigkeit, verlassen wir den Bereich der Wahrheit.

Das gilt nicht nur für die Philatelie.

Danke, lieber altsax, für diesen Beitrag.

Gerhard
02.07.21, 13:51:47

Oberlausi

(Mitglied)

geändert von: Oberlausi - 02.07.21, 16:43:27

Zitat von Altsax:
Hallo Oberlausi,

Zitat von Oberlausi:
gehe ich richtig in der Annahme, das nur eine überschaubare Anzahl von Stempelabschlägen betroffen ist?


Wie viele Stempel "betroffen" sind, hängt davon ab, wie hoch man die Anforderungen an den Beleg für eine Verwendung im regulären Postbetrieb ansetzt. Genau darum geht es ja beim Thema des "Referenzstückes". U.U. muß eine Fülle von Indizien zusammengetragen werden, bis man zu einem begründeten Ergebnis kommt.

Zitat von Oberlausi:
Zu den einführenden Worten, wie prüft ein Prüfer die Zeitgerechte Verwendung der Abschläge hoher Nummern auf der FA Ausgabe? Diese wurde ja allesamt bei den letzten Auktionen hoch 3 Stellig oder 4 Stellig zugeschlagen. Die Stempelgeräte waren in der Dresdner Poststube zugänglich, und ob diese nach der Auslagerung in der Nachkriegszeit alle verschwunden sind oder noch in fremden Händen, wer weis?


Die Prüfung auf "zeitgerechte Verwendung" ist eine ganz andere Frage. Wenn Stempelgeräte, wie im Falle der sächsischen Nummerngitterstempel, bis weit über den regulären Verwendungszeitraum hinaus aufbewahrt worden sind, können Abnutzungsspuren und Stempelfarbe Hinweise auf nicht zeitgerechte Verwendung geben. Ob das in jedem Falle zu belastbaren Ergebnissen führt...?

Beste Grüße

Altsax


mit diesem Thema scheint ja eine seit länger unterdrücktes Problem Offenkundig zu werden.

Indizien, wäre dafür das Zusammenführen der bisher bekannten Verwendungen (aus Angeboten auf Auktionen, Handelsplattformen, Sammlungen, dazu Beschreibungen, Atteste, Literatur u.ä.) der fraglichen Stempel zu einer gemeinsamen "Datenbasis" ein erster Schritt, und der zweite die Abklärung, ob die Verwendungen Authentisch oder Gefummelt sind?

Die Stempelfarbe ist noch eine Frage für sich. Wann Schwärze zum Stempeln in Sachsen erstmals Zentral beschafft wurde ist ja noch offen. An einer einfach umzusetzenden Pigmentanalyse experimentiere ich noch. Bei Zentraler Beschaffung müsste ja die Pigmentierung und UV und IR Reaktion auch der seltenen Stempel innerhalb eines Vergleichzeitraums identisch mit den häufigen Verwendungsorten sein.

oberlausi
02.07.21, 16:37:57

Altsax

(Mitglied)

Zitat von Oberlausi:
mit diesem Thema scheint ja eine seit länger unterdrücktes Problem Offenkundig zu werden.

Indizien, wäre dafür das Zusammenführen der bisher bekannten Verwendungen (aus Angeboten auf Auktionen, Handelsplattformen, dazu Beschreibungen, Atteste, Literatur u.ä.) der fraglichen Stempel zu einer gemeinsamen "Datenbasis" ein erster Schritt, und der zweite die Abklärung, ob die Verwendungen Authentisch oder Gefummelt sind?


Hallo Oberlausi,

man sollte die Themen "Festlegung eines Referenzstückes" und "Stempelprüfung auf Basis eines Referenzstückes" getrennt behandeln und keinesfalls vermengen.

Für die Stempelprüfung, d.h., den Vergleich mit einem Referenzstück, sind seit langem von den Prüfern Methoden entwickelt worden, deren grundsätzliche Zuverlässigkeit bei richtiger und vollständiger Anwendung außer Frage steht.

Unerläßlich für eine Prüfung ist jedoch ein Referenzabschlag, dessen zeitgerechte Entstehung im regulären Postbetrieb mit hinreichender Sicherheit belegt ist.

Ich habe ein paar Beispiele aus meinem Sammelgebiet gezeigt und anschließend allerhand Vorwürfe zu hören bekommen. Aus anderen Sammelgebieten kenne ich Fälle, bei denen es um deutlich fünfstellige Beträge geht, und in denen die abgesicherten Referenzstücke nicht vorlagen. Die Problematik ist also nicht unbedeutend für das Prüfwesen und seinen Ruf.

Beste Grüße

Altsax
02.07.21, 17:35:40

palaiss

(Mitglied)

geändert von: palaiss - 02.07.21, 18:37:56

"Wer versucht, Prüfer auf Unstimmigkeiten von Marken und Stempeln hinzuweisen und deshalb Änderungen in deren Beurteilung anregt, muss damit rechnen, auf die Prüfhistorie und die maßgebliche Literatur verwiesen zu werden.

Die "Prüfhistorie" sei insofern von Bedeutung, als man davon ausgehen könne, dass die "Altmeister" nicht ohne Grund zu ihren Erkenntnissen gekommen seien, also möglicherweise über Kenntnisse verfügt hätten, die sie nicht an ihre Nachfolger weitergegeben hatten, die also heute verloren seien."


@ altsax

Deinen Thread lese ich im Urlaub mit Interesse, da ich gerade in einer Angelegenheit, die mich besonders berührt, gegen Betonmauern laufe.

Die Württemberg 70 Kreuzer-Marke wurde nach Ablauf der Kurszeit über lange Jahre für 2 Mark an Sammler und andere Interessenten verkauft. Aus heutiger Sicht unvorstellbar: von ca. 1876 bis 1889(!) wurden 2.850 Exemplare abgesetzt, erst dann waren die verfügbaren Restbestände weg.

Die Sammler und Händler wollten nicht nur postfrische, sondern auch gestempelte Marken, die es aber bis wohl ca. 1878 nicht gab. Erst dann kamen wegen der Aufbewahrungsfristen bedarfsmäßig gestempelte Exemplare, von Paketkarten abgelöst, in den Handel. Die Postschalter Stuttgart I und Stuttgart IV versahen nach dem Kauf von postfrischen 70 Kreuzer-Marken in den Jahren ca. 1876 bis ca. 1889 diese auf Wunsch bereitwillig mit verschiedenen Stempeln, ich schätze die Anzahl der nachgestempelten Exemplare auf 600 bis 800 Stück.

Wenn es sich bei den verwendeten Stempeln um Briefpoststempel handelt, ist die Sache klar: Diese sind immer nachgestempelt, weil die 70 Kreuzer-Marken ausschließlich auf Paketkarten bedarfsmäßig verwendet bekannt sind, und Pakete nicht am Briefpostschalter aufgegeben werden konnten. Die Abgabe der 70 Kreuzer war als Innendienstmarke an Privatpersonen während der Kurszeit streng untersagt. Es kann also zwangsläufig keine echten und zeitgerechten Entwertungen mit diesen Stempeln während der Laufzeit der 70 Kreuzer geben.

Bei dieser Sachlage gelten die betroffenen Stempel auf 70 Kreuzer nach den Normen des Prüferverbandes als falsch, eine Attestierung der Prüfstücke, die oft einen sehr hohen Handelswert haben, müsste selbstverständlich abgelehnt werden. Sie wurden und werden aber, bis auf ganz wenige Ausnahmen, als "echt und zeitgerecht" befundet bzw. attestiert.

Seit geraumer Zeit versuche ich hier eine Klärung und Änderung der Prüfpraxis herbeizuführen. In jüngerer Zeit ist sogar ein Prüfstück mit mittlerem fünfstelligen Handelswert betroffen.

Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Auf meine sehr ausführlich begründeten, aber angeblich unzulänglichen Argumente wurde praktisch nicht im Detail eingegangen, sondern -wie oben bemerkenswerter Weise von Altsax zitiert- sowohl von Prüfern als auch Prüferverband auf die bisherige jahrzehntelange Prüfpraxis verwiesen.

Es bleibt also alles beim Alten! traurig



02.07.21, 18:33:48
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