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(Administrator)

Hallo liebe Teilnehmer,

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13.07.11, 18:51:34

carolinus

(Mitglied)

Hallo zusammen,

nach so viel Fälschungsbekämpfung heute mal wieder von mir ein postgeschichtlicher Beitrag.

Einen schönen Inlandsbrief von Schöningen nach Engelnstedt möchte ich zeigen, der aus dem Jahr 1861, eventuell auch 1862 stammt. Die Entfernung zwischen beiden Orten beträgt etwa 6 Meilen.

Die Inlandsgebühren für einen einfachen Brief betrugen zwischen dem 24. 6.1849 und dem 31.12.1862:

bis 5 Meilen incl. 6 Gpf. (ab 1858 6 (neue) Pf.)
bis 10 Meilen incl. 9 Gpf. (ab 1858 9 (neue) Pf.)
über 10 Meilen 12 Gpf. = 1 Ggr. (ab 1858 12 (neue) Pf.)

Engelnstedt gehörte zum Landpostbereich der Expedition Salder, für die Zustellung durch den Landbriefträger waren somit noch einmal 6 Pf. extra fällig. Insgesamt kostete der Brief dem Absender also 15 Pf., die mit einer 5/4 Ggr. Frankatur bezahlt wurde.




In einem Beitrag von Fritz Gerhard aus 1981 wird ein weiterer Brief aus dieser Korrespondenz vorgestellt.


Quelle: Fritz Gerhard, ARGE Braunschweig, Heft 3/4, 1981

Es handelt sich um den Briefwechsel eines Brautpaares, mehrere Briefe hin- und her sind erhalten geblieben, alle frankiert mit 5/4 Ggr.

So weit so gut. Nun möchte ich in diesem Zusammenhang noch einen weiteren Brief zeigen, in der umgekehrten Richtung. Diesmal geht der Brief von Salder nach Hoyersdorf, das zum Landpostbereich Schöningen gehörte. Doch merkwürdigerweise kleben hier nur 4/4 Ggr. als Frankatur auf dem Brief.


Quelle: Fritz Gerhard, ARGE Braunschweig, Heft 3/4, 1981

Wie ist das zu erklären?

Da die Entfernung gleich ist (dafür waren ¾ Ggr. zu frankieren) kann der Grund nur im Bestellgeld liegen. Für den Landbriefträger hätte 2/4 Ggr. frankiert werden müssen, da sich aber nur ¼ Ggr. – das bis Ende 1862 in Braunschweig obligatorische Bestellgeld - zusätzlich auf dem Brief befindet, muss man davon ausgehen, dass der Brief nicht durch den Landbriefträger zugestellt wurde, sondern vom Empfänger, dem Inspector Klamroth selber oder einem Boten in Schöningen abgeholt wurde. Das Bestellgeld von 3 Pf. war trotzdem zu entrichten.

Die gesetzliche Grundlage findet sich in der Postordnung vom 13. August 1832, die zum Zeitpunkt der vorgestellten Briefe in manchen Bereichen immer noch gültig war. Im § 88 heißt es dort:



"In der Regel sollen alle Briefe … durch die Briefträger bestellt werden. Herrschaftliche Behörden oder Privatpersonen … denen an der Selbst-Abholung ihrer Correspondenz gelegen, haben die Erklärung darüber der Orts-Postanstalt schriftlich zu machen, und soll … gleichfalls das gesetzliche Bestellgeld bezahlt werden."

Mit dem Bestellgeld sind hier selbstverständlich die üblichen 3 Pf. für die Bestellung am Ort - hier Schöningen - gemeint. Damit ist die um 3 Pf. abweichende Frankatur trotz derselben Entfernung aufgeklärt.

Viele Grüße,
carolinus

Grüße aus Braunschweig, der Stadt Heinrichs des Löwen
13.07.11, 18:52:34

Schnulli

(Mitglied)

geändert von: Schnulli - 13.07.11, 20:31:28

Wieder ein toller Beitrag von Carolinus. Den habe ich mir gerne angesehen und in den Sinn ist mir gekommen, den angehängten Brief zu zeigen. Dieser ist von Halle an der Weser nach Holzminden gelaufen und ebenso mit 5 /4 Ggr frankiert. Ist das hier, weil es kurz über eine Grenze ging das reine Porto oder ist ebenso eine Zustellgebühr in der Franktur enthalten. Ich halte das für möglich, da die Entfernung nicht so weit sein dürfte.
Dateianhang (verkleinert):

 A_BriefHalleadW-HolzmindenBS.jpg (61.02 KByte | 13 mal heruntergeladen | 793.2 KByte Traffic)

13.07.11, 20:30:06

carolinus

(Mitglied)

Hallo Schnulli,

von Halle an der Weser nach Holzminden beträgt die Entfernung weniger als 5 Meilen. Die Gebühr für einen einfachen Brief dafür war 2/4 Ggr.

Bei deinem Brief dürfte es sich um einen der 2. Gewichtsstufe handeln, dafür war die doppelte Gebühr, also 1 Ggr. zu frankieren. Hinzu kommt noch das Bestellgeld von ¼ Ggr.

Die zweite Möglichkeit ist, der Brief lief nach dem 1. 1.1863. Der Inlandstarif betrug ab diesem Zeitpunkt unabhängig von der Entfernung 1 (neuer) Gr. = 10 (neue) Pf. - für Verbindungen unter 10 Meilen also eine Verteuerung.

Man hätte hier den Tarif (ohne Bestellgeld) auch mit der vorher für die Postvereinsbriefe vorgesehene 1 Sgr.-Marke abdecken können.



Grüße aus Braunschweig, der Stadt Heinrichs des Löwen
13.07.11, 20:48:18

Schnulli

(Mitglied)

Der Brief hat leider keinen Inhalt, jedoch das Papier ist ziemlich dick und von daher kommt die 2. Gewichtstufe gut hin, denke ich. Die Gebühr erklärt sich wohl wirklich dann nach der 1. Meinung.
13.07.11, 21:12:00

bayern klassisch

(Gast)

Lieber carolinus,

im Rahmen deines tollen Beitrages sei mir eine kurze Frage gestattet: War die Zustellgebühr gewichtsunabhängig und auch im Falle eines Einschreibens gleich?

Liebe Grüsse von bayern klassisch

14.07.11, 07:13:17

carolinus

(Mitglied)

Lieber bayern klassisch,

es betrug einheitlich 3 Pf., war also gewichtsunabhängig und galt für alle Briefe mit Ausnahme von portobefreiten. Es musste auch bei Selbstabholung gezahlt werden.

Das Bestellgeld wurde in der Postordnung vom 13. August 1832 geregelt.

§ 205.
9. Briefbestellgebühr
Für jeden Brief, einzelnen Schein oder Adreß-Brief zu Packeten etc. werden an den Briefträger 3 Gpf. Bestellgebühren bezahlt.
Dieser Abgabe sind auch die poste-restante Briefe unterworfen.

§ 207.
In der Regel sind für alle mit den Posten eingehende Briefe etc. Bestellgebühren zu entrichten. Bis auf weitere Verfügungen soll für jetzt die portofreie Correspondenz davon ausgenommen sein.

Erst 1863 wurde das Bestellgeld für frankierte Sendungen in der Gesetz- und Verordnungs-Sammlung No. 53 vom 17.12.1862 aufgehoben.

Art. 23.
Die in §. 205-208 der Postordnung vom 13. August 1832 für die Bestellung von Briefen, Scheinen und Adreßbriefen an Adressaten am Orte der Postanstalt vorgeschriebene Bestellgebühr wird für portofreie und frankirte Sendungen vom Inlande und Auslande aufgehoben. Von sämmtlichen unfrankirten, vom In- oder Auslande bei den Postanstalten eingehenden Briefen, Scheinen und Adreßbriefen ist die Bestellgebühr mit 3 Pf. von jedem Briefe, Scheine oder Adreßbriefe fortzuerheben.

Für Orts- und Landporto galten ab 1863 allerdings unterschiedliche Gebühren für recommandierte bzw. schwerere Briefe.

So war im Ortsbereich für einen Brief bis 15! Loth 3 Pf., für einen recommandierten Brief aber 1 Gr. (nach neuer Münze 10 Pf.) zu zahlen.

Das Landporto betrug für Briefe unter 15 Loth ½ Gr. (nach der neuen Münzverfassung aber nicht 6, sondern 5 Pf. - aus diesem Grund wurde extra eine neue Marke, die grüne Nr. 10 gedruckt), für Briefe über 15 Loth aber 1 Gr.

Das Landporto für eingeschriebene Briefe betrug ebenso 1 Gr.

Liebe Grüße,
carolinus

PS. Noch einmal zu dem Brief von @Schnulli:
Es kann nur die erste Variante sein. Da am 1.1.1863 das Bestellgeld abgeschafft wurde, hätte von diesem Zeitpunkt an 1 Gr. als Frankatur gereicht. Dein Brief ist also vor diesem Zeitpunkt gelaufen.

Grüße aus Braunschweig, der Stadt Heinrichs des Löwen
14.07.11, 08:16:08

carolinus

(Mitglied)

Hallo zusammen,
heute kann ich einen Brief von Braunschweig nach Thune zeigen. Dieser Ort ist heute selber ein Stadtteil Braunschweigs.

Vier wichtige Änderungen gab es mit dem Beginn des Jahres 1863:

1. Das Bestellgeld wurde aufgehoben.
2. Das Orts- bzw. Stadtporto wurde eingeführt (3 Pf)
3. Die Landpostgebühr wurde von 6 Pf auf 5 Pf gesenkt.
4. Innerhalb des Herzogtums Braunschweig kostete jeder einfache Brief 1 Gr.

Der Brief ist aber kein Ortsbrief, da Thune nicht innerhalb der Stadttore lag. Unten angehängt ein paar Anmerkungen dazu.

Hierüber klärt § 10 im „Reglement zu dem Gesetze über die interne Posttaxe“ vom 17. 12. 1862 auf:



Deshalb galt für Thune die Gebühr für die Landpostbestellung, die 1863 wie oben schon erwähnt auf 5 Pfennig gesenkt wurde.

„Gesetz= und Verordnungs=Sammlung No. 53 - Art. 22 - 2“



Unter anderem auch dafür wurde am 1.1.1863 eine neue Marke, die grüne MiNr. 10 herausgegeben, die eben genau dieses Landporto von ½ Groschen = 5 Pfennig abdeckte.

Die Marke wurde dennoch ebenso im Inlandsverkehr (2 Marken entsprachen der Inlandstaxe), als auch im Postvereinsverkehr verwendet (2 Marken deckten das Franco bis 10 Meilen ab).

Seltener ist aber die hier gezeigte Verwendung der Marke als Einzelfrankatur für die Landpostgebühr.




Die sogenannte Landwehr zog im Abstand von 3 bis 10 km einen Ring um den Stadtkern Braunschweigs herum.



Die Abbildung aus 1839 zeigt die Stadtgrenze am Wendentor von Norden – also aus Richtung Thune gesehen.



Viele Grüße,
carolinus

Grüße aus Braunschweig, der Stadt Heinrichs des Löwen
27.03.12, 10:26:11

carolinus

(Mitglied)

Hallo zusammen,

einen schönen Faltbrief aus Königlutter nach Söllingen mit vollständigem Inhalt vom 15. März 1865 habe ich heute erhalten. Frankiert wurde mit einer Nr. 10 (1/2 Gr. = 5 Pfg.) und einer Nr. 14 A (1 Sgr.) Entwertet wurden die Marken mit dem Nummernstempel „28“. Zusätzliche Stempel sind der Zweikreisstempel Königslutter sowie siegelseitig Durchgangsstempel Helmstedt und Ankunftsstempel Jerxheim.





Die Inlandsgebühr betrug ab 1863 einheitlich 1 Gr. Söllingen gehörte zum Landpostbereich der Expedition Jerxheim. Somit kam die Landpostgebühr - ab 1863 5 Pfg. - hinzu.

Viele Grüße,
carolinus

Grüße aus Braunschweig, der Stadt Heinrichs des Löwen
09.07.13, 11:51:10

admin_j

(Mitglied)

Hallo Carolinus,

meinen Glückwunsch zu dem tollen Brief. Nach der Qualität muss man lange suchen!

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09.07.13, 16:47:53
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