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26.06.09, 17:14:33

Altsax

(Mitglied)

geändert von: Altsax - 26.06.09, 17:25:07

Auch für den Sammler nur eines altdeutschen Staates ist der Blick über den Tellerand seines Spezialgebietes oft lehrreich.

Deshalb möchte ich ein Thema aufgreifen, zu dem alle Spezialisten etwas beitragen können:

BESONDERE EINZELFRANKATUREN

Die Wertstufen der Briefmarken wurden von Beginn an unter dem Aspekt gewählt, damit die gängigen Francobeträge abdecken zu können. Daher stellt die Einzelfrankatur überwiegend keine Besonderheit, sondern den Regelfall dar.

Gleichwohl existieren Ausnahmen, sei es, daß sich mit der Marke ein seltenes Franco darstellen läßt, sei es, weil die Taxe, für die die betreffende Marke eigentlich gedacht war, kurz nach Erscheinen ausläuft, sei es.....

Beginnen möchte ich natürlich mit Sachsen und dabei mit der bekanntesten Marke des Gebietes, der "provisorischen Kreuzbandmarke".

Ihrer Bezeichnung entsprechend war sie gedacht zur Frankatur von Kreuzbandsendungen (Drucksachen) und vom Erscheinungszeitpunkt 1.7.1850 bis einschließlich 31.7.1851 auch nur dazu zugelassen.

Gleichzeitig mit Ausgabe der Nachfolgemarke (1.8.1851) erschienen auch Francomarken höherer Wertstufen zum Zwecke der Brieffrankaturen.

Die 3 Pfg. Kreuzbandmarken alter und neuer Art wurden zu diesem Zeitpunkt auch zur Frankatur von Briefen zugelassen. Es gab jedoch bis zum 1.5.1856 nur bei Stadtpostbriefen in Chemnitz, Dresden und Leipzig exakt passende Taxen.

Sie betrugen für einfache Briefe in Dresden und Leipzig jeweils 6, in Chemnitz 3 Pfg.

Eine entsprechende Einzelfrankatur von Chemnitz wird nachfolgend gezeigt.

Ich hoffe, daß dieser Beleg anregend für die Präsentation weiterer Einzelfrankaturen altdeutscher Staaten wirkt.

Altsax


Dateianhang (verkleinert):

 Ortstaxe Chemnitz 12.1.1852, kl.jpg (183.11 KByte | 45 mal heruntergeladen | 8.05 MByte Traffic)

26.06.09, 17:15:33

bayern klassisch

(Gast)

geändert von: bayern klassisch - 27.06.09, 09:29:13

Lieber Altsax,

ein kleiner Bayern - Sammler wie ich kann natürlich nicht gegen eine Oberrosine dieser Güte anstinken.

Von der Seltenheit her kann ich aber mit einer Billigstmarkendrucksache konkurrieren.

Eine 4II Platte 1, vom Herbst 1850 bis 1855 die Standardmarke für innerbayerische Briefe über 12 Meilen, konnte sich auch mal auf eine Drucksache verirren, wenn es sich denn innerbayerisch oder in den Postverein um eine 6. Gewichtsstufe handelte.

Leider kann ich die Marke nur auf einer Drucksache der 3. Gewichtsstufe zeigen, die aber falsch verwendet und ins Auslandsd eingeschrieben schon recht schwer wieder zu beschaffen sein würde.

Ab dem 1.10.1852 war bei Poststücken der Briefpost von Bayern bei der Versendung nach der CH das eigene Franko in Marken, das Weiterfranko für die CH jedoch siegelseitig in bar zu entrichten (bis 31.3.1854).

Unser Postkunde in Augsburg hatte am 9.4.1853 aber schon die 6 Kr. Marke geklebt, so dass man zu einem buchhalterischen Trick griff und die Drucksache mit Marken - Weiterfranko abspedierte.

Der Tarif sah hier je Loth 1 Kr. Franko für Bayern und die Schweiz vor.

Auch die Einschreibung von Druckachen war denkbar selten, kostete sie doch 6 Kr. und verdoppelte so die Kosten um 100% - ins Ausland kenne ich sonst nur noch eine eingeschriebene DS, die aber nicht in die Schweiz lief.
Es wird auch damals schon nicht viele gegeben haben ...

Liebe Grüsse vom urmel



Dateianhang (verkleinert):

 IMG_0038.jpg (188.45 KByte | 24 mal heruntergeladen | 4.42 MByte Traffic)

27.06.09, 09:28:12

Altsax

(Mitglied)

Lieber "kleiner Bayern-Sammler",

mein Verdacht, daß Du mit entsprechenden "Granaten" aufwarten könntest (und würdest!), hat sich eindrucksvoll bestätigt.

Ich hatte in meinem bisherigen, bereits länger währenden Sammlerleben noch keine eingeschriebene Drucksache eines altdeutschen Staates zu Gesicht bekommen.

Könntest Du bitte noch die Rückseite zeigen, damit die Behandlung des Weiterfrancos sichtbar wird?

Liebe Grüße

Altsax
27.06.09, 09:41:08

bayern klassisch

(Gast)

Lieber Altsax,

eben nachgeschaut - die Rückseite ist völlig blank; auch die CH hat in dieser frühen Zeit nicht immer eingangs- und durchgangsgestempelt.

Weil du aber als Postgeschichtler an baren Weiterfranki interessiert bist, zeige ich dir hier mal eine Granate, die sich einem erst auf den dritten Blick erschließt:

Nach dem oben genannten Vertrag war ein Brief von Augsburg nach Kreuzlingen mit 6 Kr. für Bayern bis zur CH - Grenze zu frankieren. Ab dieser bis zum Zielort kamen für Orte bis 10 Meilen 3 Kr. bzw. für Orte über 10 Meilen 6 Kr. hinzu, die siegelseitig zu notieren und vom Absender einzuheben waren. Eine Teilfrankatur war nicht gestattet.

Hier haben wir ein großes Problem vor uns, denn am 28.10.1852, also vier Wochen nach Einführung der neuen Vorschriften, wußten die Kunden oft nicht, wie sie sich korrekt verhalten sollten.

Der Absender in Augsburg frankierte also 9 Kr., weil er wußte, dass es über 10 bis 20 Meilen von Augsburg bis zur CH - Grenze waren und Kreuzlingen nur 2 km von dieser entfernt lag, womit 3 Kr. für die CH zu vergüten gewesen wären.

Statt zur Post zu gehen, eine 6 Kr. Marke für Bayern zu kaufen und den Barbetrag von 3 Kr. für die CH zu entrichten, klebte er eine 9 Kr. Marke auf und warf den Brief in den Augsburger Stadtbriefkasten.

Dort wurde er aus der "boite" geholt und stellte die Aufgabepost vor große Probleme.

Man suchte den Ort "Kreuzlingen" in dem Verzeichnis (Anhang) des neuen Postvertrages, fand ihn aber nicht. Weil man in diesem Anhang nur die Orte aufgezählt hatte, die im 1. Rayon lagen, also nur die bis 10 Meilen von der Grenze, fand sich dort Kreuzlingen nicht, wodurch es automatisch, trotz seiner Grenznähe, als über 10 Meilen entfernter Ort angesehen wurde und es dafür eines Frankos von 6 Kr. für die Schweiz bedurft hätte.

Dieses war siegelseitig auszuweisen, was man tat, ohne das Geld hierfür erhalten zu haben (außer der Marke hatte man ja nichts). Demnach notierte man oben "Wtrfranco" und machte auf die intern verrechneten und siegelseitig notierten (zu hohen) 6 Kr. aufmerksam.

Da die Schweiz wußte, dass der Zielort Kreuzlingen aber nur ein 3 Kr. Weiterfranko nach sich zog, ließ sie es wohl bewenden, denn dieser Vertrag war für die CH erst zum 15.10.1852 gültig und man kannte sich noch nicht so genau mit ihm aus.

Liebe Grüsse vom urmel

Dateianhang (verkleinert):

 IMG.jpg (189.28 KByte | 14 mal heruntergeladen | 2.59 MByte Traffic)

27.06.09, 10:55:11

Altsax

(Mitglied)

geändert von: Altsax - 27.06.09, 11:41:35

Zitat von urmel:

Der Absender in Augsburg frankierte also 9 Kr., weil er wußte, dass es über 10 bis 20 Meilen von Augsburg bis zur CH - Grenze waren und Kreuzlingen nur 2 km von dieser entfernt lag, womit 3 Kr. für die CH zu vergüten gewesen wären.


Man suchte den Ort "Kreuzlingen" in dem Verzeichnis (Anhang) des neuen Postvertrages, fand ihn aber nicht. Weil man in diesem Anhang nur die Orte aufgezählt hatte, die im 1. Rayon lagen, also nur die bis 10 Meilen von der Grenze, fand sich dort Kreuzlingen nicht, wodurch es automatisch, trotz seiner Grenznähe, als über 10 Meilen entfernter Ort angesehen wurde und es dafür eines Frankos von 6 Kr. für die Schweiz bedurft hätte.


Lieber urmel,

die Behandlung als Brief in den 2. schweiz. Rayon war korrekt! Maßgeblich war nicht die Entfernung zur Grenze, sondern die zum Grenztaxpunkt, für Bayern also Lindau.

In der entsprechenden sächsischen Verordnung sind alle seinerzeitigen schweiz. Postorte, also auch Kreuzlingen, aufgeführt. Es liegt sowohl gegenüber Baden (Basel) als auch gegenüber Bayern (Lindau) demzufolge im 2. schweiz. Rayon.


Liebe Grüße

Altsax
27.06.09, 11:06:41

Altsax

(Mitglied)

geändert von: Altsax - 28.06.09, 08:13:52

Die bisher gezeigten "5-beinigen Schafe" schrecken vielleicht eher ab, als daß sie zur Präsentation eigener Belege einladen.

Deshalb eine eher "harmlose" Einzelfrankatur:

1/2 Ngr. Marken dienten der Abdeckung der Taxe für einfache Briefe in der ersten innersächsischen Entfernungszone. Bei Postvereinsfrankaturen erforderten derartige Briefe in der Regel 1 Ngr.

Der Postvereinsvertrag ließ aber ausdrücklich das Weiterbestehen niedrigerer Taxen zu, die zwischen zwei Vereinspostverwaltungen bereits vor dessen Abschluß vereinbart worden waren.

Eine derartige Vereinbarung bestand zwischen der sächsischen und der taxisschen Postverwaltung für Ortspaarungen innerhalb einer Maximalentfernung von 5 Meilen.

Ein derartiger Brief ist der nachfolgend gezeigte.

Altsax

PS: Die rote "0" über dem Bruchstrich bedeutet, daß der Brief voll frankiert war, die "1/4" darunter stellt das vom Empfänger zu entrichtende Bestellgeld in Sgr. dar.
Dateianhang (verkleinert):

 Plauen - Greiz, 12.5.1853,kl.jpg (198.42 KByte | 17 mal heruntergeladen | 3.29 MByte Traffic)

28.06.09, 08:10:09

bayern klassisch

(Gast)

Lieber Altsax,

erst einmal Bewunderung für diesen unscheinbaren Brief, der sich erst mit dem Hintergrundwissen postgeschichtlich voll entfaltet.

Zu meinem Augsburger nach Kreuzlingen: Von Lindau, dem Grenztaxpunkt, nach Kreuzlingen sind es keine 45 km, also etwa 6 Meilen. Kreuzlingen lag also mit Sicherheit im 3 Kr. Radius.

Meiner Meinung nach haben die deutschen Staaten es vergessen aufzuführen. Über google-maps kannst du bei "Route berechnen" beide Orte eingeben und die Entfernung nachprüfen.

Vielleicht einen Tick spektakulärer sieht eine frankierte Retour - Recepisse aus, die mit 7 Kr. treffend freigemacht wurde. In Bayern hielt man es, wie man es wollte; mal wurden die 7 Kr. auf dem Brief verklebt (wie die Chargé - Gebühr ab 1.2.1874), mal auf die RR selbst. Eine Vorschrift, wie zu verfahren gewesen wäre, kenne ich nicht.



Liebe Grüsse vom urmel
Dateianhang (verkleinert):

 IMG_0001.jpg (189.93 KByte | 22 mal heruntergeladen | 4.08 MByte Traffic)

28.06.09, 08:27:31

Altsax

(Mitglied)

geändert von: Altsax - 28.06.09, 09:12:30

Zitat von urmel:

Zu meinem Augsburger nach Kreuzlingen: Von Lindau, dem Grenztaxpunkt, nach Kreuzlingen sind es keine 45 km, also etwa 6 Meilen. Kreuzlingen lag also mit Sicherheit im 3 Kr. Radius.

Meiner Meinung nach haben die deutschen Staaten es vergessen aufzuführen. Über google-maps kannst du bei "Route berechnen" beide Orte eingeben und die Entfernung nachprüfen.


Lieber urmel,

anscheinend gab es im entsprechenden Vertrag einen Irrtum:

die sächsische Postverordnung von 1852 führt Kreuzlingen im 2. Rayon auf, eine preußische Taxzusammenstellung von 1854 ebenfalls.

Eine (privat herausgegebene) sächsische Taxzusammenstellung von 1859 weist es als im 1. Rayon liegend aus.

Möglicherweise ist zwischenzeitlich etwas korrigiert worden, ich konnte aber auf die Schnelle nichts finden.


Zitat von urmel:

Vielleicht einen Tick spektakulärer sieht eine frankierte Retour - Recepisse aus, die mit 7 Kr. treffend freigemacht wurde. In Bayern hielt man es, wie man es wollte; mal wurden die 7 Kr. auf dem Brief verklebt (wie die Chargé - Gebühr ab 1.2.1874), mal auf die RR selbst. Eine Vorschrift, wie zu verfahren gewesen wäre, kenne ich nicht.


In Sachsen lief es nicht anders: Es gibt sowohl Markenverwendung auf der Recepisse als auch auf dem entsprechenden Brief, beides allerdings selten.

Liebe Grüße

Altsax
Dateianhang (verkleinert):

 Taxtabelle Sachsen 1852.jpg (146.26 KByte | 16 mal heruntergeladen | 2.29 MByte Traffic)

Dateianhang:

 Taxtabelle Preußen 1854 kurz.jpg (134.45 KByte | 13 mal heruntergeladen | 1.71 MByte Traffic)

Dateianhang:

 Taxtabelle Sachsen 1859, S. 95, Ausschn..jpg (183.8 KByte | 12 mal heruntergeladen | 2.15 MByte Traffic)

28.06.09, 09:03:04

siegfried spiegel

(Mitglied)

Sehr geehrter Urmel,
beim Durchlesen dieses Themas stellten sich mir ganz spontan 2 Fragen.
Die erste Frage war: warum sind 6 Meilen ungefähr 45 km?
Die Antwort hatte ich ca. 1 Minute später gefunden. 1 Altdeutsche Meile ist 7,7 Kilometer.
Die zweite Frage kann ich mir nicht selbst beantworten. Wieso bist Du sicher, daß der Charge-Brief und die Drucksache zusammengehören? So einen Beleg lässt sich doch sehr einfach manipulieren. Oder ergibt sich aus dem Inhalt eindeutig die Zusammengehörigkeit?

Mit besten Sammlergrüßen
Siegfried
28.06.09, 10:23:07
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